Abmahnung wegen Pornofilm-Verbreitung
Viele Unternehmen sind derzeit mit eingehenden Faxen konfrontiert, über die sie eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen und Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung erhalten. Den Empfängern wird von einer Kanzlei Schmidt aus Berlin vorgeworfen, dass über ihren Internet-Anschluss der Pornofilm „Girl & Girl Pee Marigold & Christiana“ einer gewissen abbywinters.com BV, Spui 10a Amsterdam, NH 1012WZ Filmproduktionsfirma heruntergeladen und über µTorrent verbreitet wurde:
Es handelt sich um einen Betrugsversuch, der äußerst professionell angelegt ist. Nicht nur die Domain kanzlei-schmidt-berlin.de ist auf den Domaininhaber Joerg Schmidt ausgestellt, sondern auch die angegebene Telefonnummer führt zu einer Kanzlei.
Abfrageergebnis auf nic.de:
Die Filmproduzentin wie auch der im Schreiben angeführte Film existieren wirklich.
Gefordert wird im Schreiben die Zahlung eines Vergleichsbetrages in der Höhe von 950,00 Euro. Was allerdings etwas stutzig macht, ist einerseits die Frist von nur einem Tag und auch, dass nirgends im Schreiben angegeben ist, wohin das Geld überwiesen werden soll.
Wie sieht generell die rechtliche Lage bei einer derartigen „Anschuldigung“ aus?
Seitens PNC befragte Rechtsanwälte haben unabhängig voneinander die Sachlage gleich beurteilt. Es handelt sich bei diesem Schreiben um einen Betrugsversuch. Zahlen Sie auf keinen Fall die 950,00 Euro und senden Sie auch nicht die unterschriebene Unterlassungserklärung zurück. Rechtlich sind Sie nicht dafür verantwortlich, was Ihre Mitarbeiter mit dem zur Verfügung gestellten Internet-Anschluss machen. Gleich verhält es sich bei Gäste WLANs, wie z. B. in Hotels.
Unabhängig davon sollten Sie dennoch Vorkehrungen treffen um z. B. Ihren Mitarbeitern klar zu machen, welche „Verhaltensregeln“ im Umgang mit dem Internet-Anschluss gelten. Wenn Sie eine Anschuldigung erhalten, dass von Ihrem Anschluss unerlaubte Inhalte geladen oder verbreitet wurden, muss erst bewiesen werden, dass Sie selbst der Verursacher sind. Das zu beweisen oder den effektiven Verursacher herauszufinden, ist aber häufig nicht einfach möglich, außer es wurden die entsprechenden Vorkehrungen im Netzwerk getroffen (Logging, Content-Filter, …).
Fast schon faszinierend ist die akribische Umsetzung, mit der das gesamte Konstrukt aufgebaut wurde. Der Rechtsanwalt Jörg Schmidt ist laut eigener Angabe unter anderem in der Rechtsanwaltskammer Berlin gelistet, die RAK Berlin warnt aber, dass keiner der auf dem Schreiben erwähnten Personen zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist (siehe https://www.rak-berlin.de/rak-berlin/aktuelles/2016/220916_warnung.php)
Der auf der Webseite der Kanzlei dargestellte Rechtsanwalt findet sich unter anderem auch als Arzt oder im Blauzeug gekleidet auf der Plattform Shutterstock, die eine professionelle Bilddatenbank vorhält (sehen Sie selbst):
https://www.shutterstock.com/de/g/minervastudio
Der Mailserver der angeblichen Kanzlei-Schmidt Berlin läuft auf einem System der Firma NameCheap in USA / Los Angeles (namecheap.com). Somit sind die Spuren von Inhabern und Betreibern gut verwischt und sehr schwierig nachzuverfolgen.
Sollten Sie bereits den Betrag bezahlt haben, melden Sie sich unbedingt sofort bei der nächsten Polizeidienststelle und erklären Sie die Sachlage.
Welche Maßnahmen Sie konkret ergreifen können, um Ihr Netzwerk abzusichern bzw. wie Sie ihre Mitarbeiter richtig instruieren, erfahren Sie in einem persönlichen Beratungsgespräch mit den Spezialisten der PNC.